Endlich erfahren die Plattenläden die Anerkennung, die sie verdienen. Denn sie sind ein Ort, der weit mehr ist als nur ein Platz zum Einkaufen. Am 1. Dezember 2024 war es soweit: Zum ersten Mal wurde in Köln der deutsche Preis für Schallplattenfachgeschäfte verliehen!

EMIL 2024
Der erste deutsche Preis für Schallplattenfachgeschäfte
Der Name EMIL wurde mit Bedacht gewählt – eine Hommage an Emil Berliner, der einst mit seiner Erfindung der Schallplatte die Musikwelt revolutionierte. Über Jahrzehnte hinweg waren Schallplatten ausschließlich in Fachgeschäften erhältlich, bis das Internet alles veränderte. Umso bedeutender erscheint heute die Schaffung einer Initiative, die einer solch kulturell bedeutsamen Einrichtung wie dem Plattenladen neue Impulse verleiht.
Im Dezember 2024 wurde erstmals ein besonderer Preis verliehen, der künftig jedes Jahr an wechselnden Orten stattfinden soll: der EMIL.
Der EMIL ist eine Initiative des Verbands unabhängiger MusikunternehmerInnen (VUT) in Zusammenarbeit mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Die erste Preisverleihung fand am 1. Dezember 2024 in Köln statt. Eine neunköpfige Jury bestehend aus Expertinnen und Experten der Musikbranche hat aus den zahlreichen Bewerbungen die Finalisten ausgewählt. Insgesamt wurden 16 Schallplattenfachgeschäfte in vier Kategorien ausgezeichnet – und durften sich über attraktive Preisgelder freuen.
Die vier EMIL-Preiskategorien:
- Herausragendes Schallplattenfachgeschäft – Neugründung (dotiert mit 25.000 EUR)
- Herausragendes Schallplattenfachgeschäft – Innovation (dotiert mit 25.000 EUR)
- Herausragendes Schallplattenfachgeschäft – strukturschwache Region (dotiert mit 25.000 EUR)
- Bestes Schallplattenfachgeschäft (10 Preise, jeweils dotiert mit 15.000 EUR)
Warum Schallplattenläden wichtig sind
In den Regalen eines Plattenladens zu stöbern, das Artwork der Plattencover zu betrachten, den unverwechselbaren Geruch wahrzunehmen, mit Gleichgesinnten zu sprechen, sich von den Empfehlungen der Verkäufer inspirieren zu lassen und schließlich in die neuen LPs hineinzuhören – all das macht den Besuch in einem Schallplattenladen zu einem einzigartigen Erlebnis. Kein Online-Shop der Welt kann ein solches Gesamtpaket bieten.
Doch immer wieder gibt es ein Argument, das häufig von Vinyl-Liebhabern geäußert wird, die ihre Platten nur online kaufen: Der nächste Plattenladen ist zu weit entfernt, und oft ist die Auswahl dort begrenzt. Hier zeigt sich das klassische Henne-Ei-Problem: Je weniger Plattenläden existieren, desto häufiger wird online gekauft. Und je mehr Menschen ins Internet abwandern, desto schwieriger wird es für die Läden, wirtschaftlich zu bestehen.
In Großstädten mag die Situation besser sein, da oft mehrere Läden zur Auswahl stehen. Auf dem Land hingegen sieht es düster aus. Ob eine neu ins Leben gerufene Preisverleihung daran etwas ändern kann? Letztlich hängen solche Entwicklungen von wirtschaftlichen Faktoren ab. Dennoch könnte der EMIL zumindest dazu beitragen, die Aufmerksamkeit der Käufer auf den stationären Handel zu lenken und so eine Renaissance der Plattenläden einzuleiten.
Schließlich sind inhabergeführte Plattenläden nicht nur Verkaufsorte, sondern auch soziale und kulturelle Treffpunkte, die einen wichtigen Beitrag zur Vielfalt der Musikkultur in Deutschland leisten – gerade in ländlichen Regionen. Viele Vinyl-Fans berichten davon, dass sie wegen einer bestimmten Platte einen Laden besuchten und mit einer Vielzahl anderer Schätze wieder nach Hause gingen – Empfehlungen der Verkäufer oder zufällige Entdeckungen, die online so nicht möglich wären.
Darüber hinaus bieten Plattenläden lokalen Musikern und Bands eine Bühne, um erste Erfolge zu feiern. Viele Newcomer starten ihre Karriere hier, oft mit kleinen Gigs zwischen den Regalen. Das Zusammenspiel von Live-Musik und Stöbern macht den Besuch in einem Schallplattenladen zu einem Erlebnis, das kein Online-Angebot ersetzen kann.
Ein Tipp zum Schluss: Wer mehr über die Jury-Mitglieder erfahren möchte, sollte sich die Unterseiten auf der Website anschauen. Dort finden sich unter anderem spannende Interviews mit MusikerInnen wie Oyémi Noize und DIE P! – oftmals mit interessanten Einblicken in ihre Verbindung zur Vinyl-Schallplatte.
EMIL - Die Preisträger 2024
1. Herausragendes Schallplattenfachgeschäft - Neugründung: Plattenladen - Freiburg
2. Herausragendes Schallplattenfachgeschäft - Innovation: VARY - Leipzig
3. Herausragendes Schallplattenfachgeschäft - Strukturschwache Region: Fatplastics - Jena
4. Bestes Schallplattenfachgeschäft:
• Bebop Schallplatten, Rosenheim
• Drop Out Records, Dresden
• Echt Optimal, München
• Groove City Recordstore, Hamburg
• Kontor Records, Kyritz
• Sound Metaphors, Berlin
• Studio Illegale, Bremen
• Underdog Records, Köln
• Underworld Recordstore, Chemnitz
• Vinylnerds, Übersee
Außerdem wurde Coretex Records aus Berlin mit einem undotierten Gütesiegel als "Bestes Schallplattenfachgeschäft" ausgezeichnet. Der Jahresumsatz des Geschäfts lag in den letzten drei Jahren durchschnittlich bei über einer Million Euro.
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