Schallplatten bügeln? Was früher wie ein Scherz klang, ist in der Analog-Szene längst Realität. Zahlreiche DIY-Methoden haben sich zu diesem Thema etabliert – mit teils gemischtem Erfolg. Wer auf Nummer sicher gehen wollte, brachte seine welligen LPs zum Fachhändler, um sie professionell begradigen zu lassen. Und wer es sich leisten konnte, investierte in ein eigenes Plattenbügelgerät. Jetzt gibt es eine spannende Neuerung: Der renommierte deutsche Hersteller AFI aus Ludwigsburg präsentiert ein neues Gerät, das nicht nur deutlich günstiger ist als der bisherige Flattener, sondern auch mit zusätzlichen Vorteilen überzeugt. Hier der ausführliche Testbericht.

Test Schallplatten-Bügler AFI FLAT.DUO
Schallplatten-Bügler, auch bekannt als Record Flattener, haben sich seit Jahren als effektive Lösung etabliert, um Vinylschallplatten wieder in Form zu bringen. Ob durch spezialisierte Geräte oder DIY-Methoden – eines bleibt für echte Vinyl-Liebhaber unverzichtbar: Eine perfekt plane Schallplatte sieht nicht nur ansprechender aus, sondern schützt sowohl die Nadel als auch die Schallplatte selbst vor unnötigem Verschleiß und verlängert damit ihre Lebensdauer.
Anstatt hier ausführlich auf die allgemeinen Methoden zur Schallplatten-Begradigung einzugehen, möchte ich den Fokus auf ein neues, revolutionäres Gerät legen, das die professionelle Aufbereitung verzogener Schallplatten auf ein ganz neues Niveau hebt.
Doch bevor wir tiefer einsteigen, ein kurzer Blick auf die Firma AFI (Audio Fidelity Improvement). Bereits 2016 brachte das Unternehmen mit dem Plattenbügler FLAT. sein erstes Modell auf den Markt. Dieses Gerät setzte neue Maßstäbe und gab Vinyl-Enthusiasten ein zuverlässiges Werkzeug an die Hand, um ihre LPs effektiv zu glätten. Trotz konkurrierender Geräte überzeugte der FLAT. mit einzigartigen Funktionen, die bis heute unerreicht sind. Acht Jahre später präsentiert AFI den FLAT.DUO – ein weiterentwickeltes Modell mit innovativen Features. Der Prototyp wurde erstmals auf der High End 2023 vorgestellt, und ich hatte die Gelegenheit, ein Gerät zu testen, das dem finalen Serienmodell entspricht.

Allgemeines zum FLAT.DUO
Der FLAT.DUO ist eine innovative Neuentwicklung, die nur teilweise auf der Technik seines Vorgängermodells basiert. Schon rein optisch unterscheiden sich die beiden Geräte deutlich: Während das 2016er Modell aus zwei Glasplatten, Elektronik und einem Netzgerät bestand, verwendet der FLAT.DUO ein vollkommen anderes Gehäusematerial – sogenanntes EPP (Expandiertes Polypropylen). Erst durch diesen speziell geschäumten Kunststoff war es möglich, die Ideen des Entwicklers vollständig umzusetzen.
Die Vorab-Bedienungsanleitung hebt unter anderem folgende Vorteile dieses Materials hervor:
- „Sehr hohe Wärmeisolierung senkt den Energieverbrauch.“ Ergänzend dazu: EPP-Boxen werden aus genau diesem Grund häufig als Thermoboxen für den Speisentransport eingesetzt.
- „Das Gehäuse ist zu 100% recyclingfähig und absolut schadstofffrei.“ Wissenswert: Es ist frei von FCKW, anderen Treibgasen und Schadstoffen. Das Material kann beliebig eingeschmolzen und wiederverwertet werden.
- „Trotz eines Anteils von 92% Luft und nur 8% Polypropylen besitzt das Material eine hohe Festigkeit.“ Diese Eigenschaft macht es auch für den Fahrzeugbau attraktiv, nicht zuletzt wegen seines äußerst geringen Gewichts.
- „Die Herstellung ist verschnittfrei und energiesparend, da keine spanende Fertigung erforderlich ist.“ Mein Kommentar dazu: Solche umweltschonenden Ansätze sind in der heutigen Zeit wichtiger denn je.
Meine persönliche Einschätzung zum Material:
Seitdem der FLAT.DUO bei mir im Einsatz ist, sind mir einige Dinge aufgefallen. Obwohl ich generell kein großer Fan von Kunststoffmaterialien bin, hat mich EPP in der Praxis überzeugt. Es ist robust und gleichzeitig sanft im Umgang mit empfindlichen Schallplatten. Selbst wenn man beim Handling der LP versehentlich an eine der Kanten gerät, entstehen keine Kratzer.
Ein kleiner Kritikpunkt: Die Vertiefung, in der die LPs abgelegt werden, macht das Entfernen von Fusseln und Staub etwas mühsam.
Ein weiteres bemerkenswertes Detail ist das Gewicht des Geräts: Ohne Netzteil wiegt es weniger als 3 Kilogramm – extrem leicht!
Die Neuerungen des FLAT.DUO
Der neue AFI Bügler überzeugt nicht nur durch sein hochwertiges Gehäusematerial, sondern vor allem durch drei herausragende Eigenschaften:
1. Es können zwei LPs gleichzeitig bearbeitet werden!
2. Der Bügelvorgang ist – je nach gewähltem Programm – deutlich schneller als bisher.
3. Als erster mir bekannter Plattenbügler kann der FLAT.DUO sogar Schellack-Platten begradigen.
Zusätzlich bietet der FLAT.DUO eine Vielzahl an Einstellungsmöglichkeiten, die eine noch individuellere Bearbeitung ermöglichen als bei anderen Geräten auf dem Markt. Neben den bewährten Programmen „Standard“ und „Relax“ (dazu gleich mehr) wurde das neue Programm „Schellack“ speziell hinzugefügt. Besonders hervorzuheben ist das flexible Programm „Individuell“. Dieses wird aktiviert, wenn Parameter wie „Zieltemperatur“ oder „Haltezeit“ angepasst werden.
Darüber hinaus lassen sich weitere Einstellungen vornehmen: die Temperaturanzeige (Celsius/Fahrenheit), der Display-Kontrast, der Signalton (an-/ausschaltbar) sowie der Betrieb des Ventilators (aus, halbe Leistung oder volle Leistung). Der Ventilator spielt hierbei eine entscheidende Rolle, da er die Dauer des Begradigungsprozesses maßgeblich beeinflusst.
Ein weiteres Highlight: Der FLAT.DUO ist äußerst energieeffizient. Mit einem Verbrauch von gerade einmal 25W setzt er neue Maßstäbe in Sachen Nachhaltigkeit!
Die Bestandteile des FLAT.DUO

Display FLAT.DUO
Das Gehäuse des Geräts besteht aus robustem EPP-Material, das zuverlässig die Elektronik und die Heizelemente im Inneren schützt.
An der Vorderseite befindet sich ein modernes Touchdisplay, das im Gegensatz zum FLAT 1 nicht mit einem Magnetstift, sondern bequem mit den Fingern bedient wird. Dank der transflektiven Technologie bleibt das Display auch bei hellem Umgebungslicht hervorragend ablesbar.

Klemme & Aluscheiben FLAT.DUO
Beim Öffnen des Deckels offenbart sich die wahre Raffinesse des FLAT.DUO: Zum einen befinden sich darin zwei Aluminiumscheiben, die auf die LPs gelegt werden, und zum anderen eine hochwertige Klemme, die durchdacht und funktional gestaltet ist.
Diese Klemme verfügt über eine Drehmoment-Einstellung – ein cleveres Feature. Sobald die LPs mit den Aluminiumscheiben eingelegt sind, wird die Klemme auf den Aufnahmedorn gedreht. Beim charakteristischen "Knacken" ist der exakt definierte Anpressdruck erreicht – eine smarte und sichere Lösung!
Zwischen der oberen Aluminiumscheibe und der Klemme befindet sich zudem eine Beilagscheibe, die zuverlässig verhindert, dass die Dekorfolie der Schallplatte zerkratzt.
Ein wichtiger Hinweis: Bei empfindlichen Schellackplatten sollte die Klemme auf keinen Fall verwendet werden, da diese sonst brechen könnten. Die Aluminiumscheiben sowie ihr fest verbautes Gegenstück im Gerät verfügen über Vertiefungen an den entscheidenden Stellen – im Bereich des Plattenlabels und der Wulst der Einlaufrille einer 7-Zoll-Single. Das sorgt für eine optimale Passform und schont die wertvollen Schallplatten.

Unterseite des FLAT.DUO
Selbstverständlich verfügt das Gerät über ein separates Netzteil sowie einen Ein-/Ausschalter, der sich an der Unterseite befindet.
Die Bedienung des FLAT.DUO
Grundsätzlich können Vinyl-LPs (12“) sowie Singles (7“ und auch 10“) und Schellackplatten begradigt werden. Bei Vinyl ist es dank der zwei Alu-Scheiben sogar möglich, zwei Platten gleichzeitig zu behandeln. Basierend auf meinen bisherigen Tests empfehle ich jedoch, nur gleichartige LPs mit einem möglichst ähnlichen Grad der Verwellung zusammen zu behandeln – zum Beispiel die Doppel-LP eines Albums. Bei LPs mit einer stark ausgeprägten Welle (mehr als ca. 2 mm – bitte genau messen!) sollte jedoch immer nur eine einzelne Platte eingelegt werden, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.
Jetzt geht's los: Den Deckel öffnen, die beiden Alu-Scheiben mit der Klemme herausnehmen und eine LP einlegen (bei zwei LPs kommt die Alu-Scheiben dazwischen). Danach die Beilagescheibe auflegen und alles mit der Klemme festziehen. Was ist dabei besonders wichtig? Die LPs sollten vorher gründlich gereinigt werden – und zwar richtig, nicht mit einem Küchentuch oder einer DIY-Methode! Auch die Alu-Scheiben müssen abgewischt werden, da Staub hier absolut nicht erwünscht ist. Übrigens verfügen die Alu-Scheiben über Aussparungen, damit sowohl der Randwulst der Platten als auch das Innenlabel Platz haben. So bleibt der wichtige Bereich der Rille im optimalen Kontakt, damit die Wärme gleichmäßig und effizient übertragen werden kann.
Nun den Deckel schließen, die gewünschte Bügel-Methode sowie weitere Einstellungen am Display auswählen – und schon kann es losgehen! Auf die Menüführung möchte ich an dieser Stelle nicht im Detail eingehen, da diese je nach Modell bzw. dem aktuellen Stand der Software variieren kann. Persönlich empfinde ich das Menü in der aktuellen Version teilweise als unlogisch und etwas umständlich; eine intuitivere Bedienung wäre wünschenswert. Allerdings wird in der Bedienungsanleitung alles ausführlich erklärt, und ich bin sicher, dass man sich schnell damit zurechtfindet.
Die Ergebnisse des Begradigen mit dem FLAT.DUO
Um es auf den Punkt zu bringen: Die Ergebnisse sind genauso überzeugend wie beim FLAT 1 – absolut top! Der entscheidende Unterschied liegt jedoch in der Geschwindigkeit: Mit diesem Gerät funktioniert das Begradigen deutlich schneller, und dank der Möglichkeit, zwei LPs gleichzeitig zu bearbeiten, profitiert man von einem klaren Tempovorteil.
Die einzige Einschränkung liegt in den LPs selbst. Nach jahrelanger Erfahrung mit dem Begradigen von Schallplatten haben sich bestimmte „Problemfälle“ herauskristallisiert, die eine individuelle Behandlung erfordern. Dazu gehören vor allem US-LPs, die generell bei geringerer Temperatur bearbeitet werden müssen, da sie sonst unbrauchbar werden. Ebenso problematisch sind ältere LPs, die seit 20 oder 30 Jahren Wellen aufweisen – solche Platten benötigen in der Regel mehrere Durchläufe, bis sie ihre gewünschte plane Form erreichen.
Ein kurzer Hinweis zum Thema DIY-Bearbeitung im Backofen: Es ist theoretisch machbar – wenn man genug Mut mitbringen oder es einem egal ist, ob das Ergebnis gelingt. Doch Vorsicht: Beim Begradigen ist es entscheidend, die Haltetemperatur (also die maximale Temperatur und deren Dauer) exakt einzuhalten. Schon eine Schwankung von 1–2 °C kann über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Ein Backofen kann dies, wenn überhaupt, nur mit einem genauen Thermometer und ständiger Überwachung gewährleisten.
Die AFI-Geräte hingegen garantieren eine präzise Einhaltung der eingestellten Temperaturen – genau darin liegt der entscheidende Vorteil.
Ein weiterer wichtiger Hinweis: In der beiliegenden Bedienungsanleitung findet sich eine oft unterschätzte Information: Vinyl kann Feuchtigkeit aufnehmen! Das mag zunächst ungewöhnlich klingen, ist aber in der Kunststoffbranche völlig normal. Laut einem Ingenieurs-Lexikon wird von der „Quellung von Kunststoffen“ gesprochen, die zu „Rissbildung oder Blasenbildung im Material“ führen kann. Was bedeutet das fürs Begradigen von Schallplatten? Wer LPs professionell bearbeiten möchte, muss alle relevanten Parameter berücksichtigen – dazu zählen nicht nur Dauer, Temperatur, Druck und Materialbeschaffenheit, sondern auch der Feuchtigkeitszustand des Vinyls. Jeder einzelne dieser Faktoren beeinflusst das Endergebnis maßgeblich!
Die Besonderheit des Relax-Programm - Klangverbesserung
Das Thema Schallplatten-Tempern ist zweifellos komplex, und die Skepsis vieler Vinyl-Fans ist durchaus nachvollziehbar. Dennoch: Das Tempern kann tatsächlich funktionieren und zu einer spürbaren Klangverbesserung führen.
Eine ausführliche Erfahrungsbeschreibung dazu findest du bei Vinylclean.
Technische Daten
• Leistungsaufnahme: < 30 VA
• Elektrischer Anschluss: 100 ... 240 VAC, 50 ... 60 Hz
• Programme: Relax, Standard, Schellack
• Bedienung / Anzeige: Glas-Touch / Transflektiv
• Menüsprachen: Englisch, Deutsch (weitere sind vorgesehen)
• Gehäusematerial: EPP
• Abmessungen (LxBxH): 440 mm x 360 mm x 110 mm
• Masse (ohne Netzgerät): 2,8 kg
• Geeignet für: LPs, Singles, Schellackplatten
• Umgebungstemperatur bei Betrieb: 5 ... 35 °C
• Anpressung: Drehmoment-limitierte Klemme + AlMg3-Scheiben mit Polyesterbeschichtung + dauerhaft befestigte Polycarbonat-Distanzringe
• Abmessung innerer Distanzring: di = 105, da = 168
• Abmessung äußerer Distanzring: di = 175, da = 292
Kommentare
Kommentar hinzufügen